Navigation überspringen

"Grünes Licht " für Probeabbau am Kaiserstuhl

Datum: 13.02.2006

Kurzbeschreibung: Pressemitteilung vom 11.02.2005

Die 1. Kammer des Verwaltungsgerichts Freiburg hat mit zwei Urteilen vom 15.12.2004, deren schriftliche Begründung jetzt vorliegt, Klagen gegen Probebohrungen am Kaiserstuhl abgewiesen. Die Kläger (die Gemeinde Bötzingen und der Gemeindverwaltungsverband im Verfahren 1 K 899/01 und zwei private Anrainer - deren Hofanwesen ca. 750 m von der streitigen Phonolitabbaufläche entfernt liegt - im Verfahren 1 K 1287/01) wandten sich gegen eine Entscheidung des Landesamtes für Geologie, Rohstoffe und Bergbau Baden-Württemberg (Landesbergdirektion), mit der diese Behörde den Betriebsplan der Beigeladenen für einen Probebetrieb des Phonolithabbaus auf der Gemarkung Bötzingen zugelassen hat. Für die Entscheidungen waren folgende Gesichtspunkte maßgeblich:

1. Klage der Gemeinde/des Gemeindeverwaltungsverbands:

Für die Beurteilung einer eigenen Rechtsverletzung der Kläger hat die Kammer auf den räumlich und zeitlich beschränkten Abbau von 9000 m³ Phonolit auf einer Abbaugrundfläche von 0,208 Hektar und einer Gesamtfläche von 0,9692 Hektar abzustellen, den die Bergbehörde zugelassen hat. Der räumlich und zeitlich weit über den zugelassenen Hauptbetriebsplan hinausgehende Endabbau von Phonolit auf einer Gesamtfläche von ca. 3,2 Hektar ist nicht Prüfungsgegenstand der Anfechtungsklagen.

Ob ein besonderes Verfahren mit einer Umweltverträglichkeitsprüfung erforderlich ist, kann dahinstehen, weil dieses Erfordernis nicht dem Schutz der Kläger dient. Das besondere Verfahren würde der Feststellung dienen, ob durch das Vorhaben der Beigeladenen der gesamte Lebensraum besonders geschützter Vogelarten beeinträchtigt wird. Die Beurteilung dieser Frage betrifft aber keine schutz- und wehrfähige Rechtsposition der Kläger, sondern ausschließlich öffentliche Belange.

Die Kläger werden durch die angefochtene Betriebsplanzulassung nicht in ihrer Planungshoheit oder sonst in ihrem Selbstverwaltungsrecht verletzt. Mit ihrer Rüge hinsichtlich der wegemäßigen Erschließung des Abbaubetriebs der Beigeladenen kann die Gemeinde Bötzingen keine eigene Rechtsverletzung mit Erfolg geltend machen. Denn mit der Betriebsplanzulassung hat die Bergbehörde nicht verbindlich entschieden, dass die Beigeladene die öffentlichen Wege für den Abtransport des abgebauten Gesteins zum Betriebsgelände im Steinbruch benutzen darf. Über die Frage, ob der Beigeladenen der Abtransport mittels Lastkraftwagen auf den beschränkt öffentlichen Wegen erlaubt wird, hat die Gemeinde Bötzingen vielmehr als Trägerin der Straßenbaulast nach pflichtgemäßem Ermessen selbst zu entscheiden. Die Ermessensausübung kann sich auf alle wegerechtlich relevanten, das heißt mit Bestand und Nutzung der Straße zusammenhängenden Erwägungen stützen. Hierzu gehören die Belange der Straßenbaulast ebenso wie die Erfordernisse der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs.

Dass die angefochtene Betriebsplanzulassung die Kläger nach den oben dargestellten Maßstäben in ihrer Planungshoheit verletzt, können diese mit dem Argument, der beabsichtigte Phonolitabbau widerspreche den Darstellungen des Flächennutzungsplans, nicht mit Erfolg geltend machen. Die für den zugelassenen Probeabbau vorgesehene Grundstücksfläche ist zwar als Fläche für die Landwirtschaft dargestellt. Die im Flächennutzungsplan zum Ausdruck kommenden Planungsabsichten der Kläger hätten nur dann das erforderliche Gewicht, den beabsichtigten Abbau zurückzudrängen, wenn sie eine konkrete Standortaussage hinsichtlich der Nutzung einer bestimmten Fläche im Außenbereich enthielten. Das ist hier jedoch nicht der Fall, weil dem Außenbereich nur die ihm bereits vom Gesetz zugewiesene Rolle als Standort für land- und forstwirtschaftliche Nutzung zugeteilt wird. Im Flächennutzungsplan werden sämtliche Außenbereichsflächen als Flächen für die Landwirtschaft und für die Forstwirtschaft dargestellt.

Die Gemeinde Bötzingen kann auch nicht mit Erfolg geltend machen, die angefochtene Betriebsplanzulassung verletze ihr kommunales Selbstgestaltungsrecht. Darunter wird das Recht einer Gemeinde verstanden, das Gepräge und die Struktur ihres Ortes selbst zu bestimmen. Da dieses Recht nur in einem Kernbereich geschützt sein kann, kommen hierauf gestützte Klagerechte nur in Betracht, wenn es gilt, grundlegende Veränderungen des örtlichen Gepräges oder der örtlichen Strukturen abzuwehren. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Bayrischen Verwaltungsgerichtshofs können sich Gemeinden gegen Planungen unter Berufung auf dieses Selbstgestaltungsrecht nur dann mit Aussicht auf Erfolg wenden, wenn ein solches Recht in seinem eigentlichen Kern berührt, inhaltlich ausgehöhlt und damit fast wertlos würde. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Das Vorhaben der Beigeladenen beansprucht nur eine sehr geringe Fläche; die Abbaufläche beträgt 0,20 Hektar, die Gesamtfläche der in Anspruch genommenen Grundstücke 0,9692 Hektar. Das ist nur ein äußerst geringer Anteil der gesamten Gemarkungsfläche der Gemeinde Bötzingen. Von den insgesamt 340 Hektar Rebanbauflächen auf der Gemarkung der Klägerin wird für die Dauer des Vorhabens ebenfalls nur ein äußerst geringer Anteil in Anspruch genommen. Bei der Gemeinde Bötzingen handelt es sich auch nicht um eine Gemeinde, die so gut wie ausschließlich vom Weinbau geprägt wird. Vielmehr ist ein Teil des Gemeindegebietes auch von gewerblicher Nutzung geprägt. Zu dieser gewerblichen Nutzung gehört auch der seit langem bestehende Abbaubetrieb der Beigeladenen, der das Bild der Gemeinde mitprägt. Von einer grundlegenden Veränderung des örtlichen Gepräges oder der örtlichen Strukturen kann deshalb nicht gesprochen werden.

Soweit die Kläger rügen, die angegriffene Betriebsplanzulassung sei rechtswidrig, weil das Vorhaben der Beigeladenen schädliche Umwelteinwirkungen verursache, gegen naturschutzrechtliche Vorschriften verstoße, mit der Vogelschutzrichtlinie nicht vereinbar sei, die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtige und das Landschaftsbild verunstalte, können sie damit eine eigene Rechtsverletzung nicht geltend machen. Gemeinden sind nicht berechtigt, sich als Kontrolleur der zur Wahrung öffentlicher Belange jeweils berufenen staatlichen Behörden zu betätigen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist die gemeindliche Planungshoheit nicht um die Verantwortung für den Umweltschutz in der Weise angereichert, dass die Gemeinde sich insgesamt zum Hüter dieses Rechtsguts aufschwingen und dieses auch gegenüber anderen Hoheitsträgern notfalls auf gerichtlichem Weg durchsetzen kann.

2. Klage der Anrainer:

Ohne Erfolg bleibt die Rüge der Kläger, die angefochtene Entscheidung der Bergbehörde sei deshalb zu ihren Lasten rechtswidrig, weil der Abbaubetrieb der Beigeladenen nachteilige Auswirkungen auf ihren landwirtschaftlichen Betrieb haben werde. Staubablagerungen auf den landwirtschaftlichen Flächen der Kläger entlang des vorgesehenen Erschließungsweges werden durch den Betrieb der Beigeladenen nicht verursacht. Zu diesem Ergebnis kommt das von der staatlichen Bergbehörde eingeholte Gutachten über die „verkehrliche und ökologische Bewertung der Firma B.C. GmbH" vom Juni 1999. Nach diesem Gutachten ist eine Beeinträchtigung der landwirtschaftlichen Nutzung durch Staubentwicklung nicht gegeben, wenn der Abbau im Zeitabschnitt zwischen November und Februar durchgeführt wird. Das ist durch eine Nebenbestimmung der angefochtenen Betriebsplanzulassung aber sichergestellt. Gleiches gilt  hinsichtlich der in diesem Zusammenhang erhobenen Rüge, bei winterlichen Witterungsverhältnissen komme auf den für den Transport vorgesehenen Wirtschaftswegen Streusalz zum Einsatz, das in die angrenzenden Wirtschaftsflächen eindringe und den Anbau landwirtschaftlicher Produkte des ökologisch ausgerichteten Betriebs der Kläger schädigen. Die Anwendung von Auftaumitteln ist nach einer weiteren Nebenbestimmung ausdrücklich und eindeutig untersagt. Schädliche Umwelteinwirkungen auf den landwirtschaftlichen Betrieb sind auch sonst durch den Transportverkehr ausgeschlossen. Nach dem oben erwähnten Gutachten liegt die Luftschadstoffbelastung (Stickstoffdioxid, Ruß, Benzol) deutlich unter den einschlägigen Richtwerten.

Ob die angefochtene Betriebsplanzulassung gegen sonstige öffentlich-rechtliche Vorschriften, etwa gegen naturschutzrechtliche Bestimmungen verstößt, die nicht dem Schutz der Kläger zu dienen bestimmt sind, kann die Kammer offen lassen. Denn solche Rechtsverstöße begründen keine eigene Rechtsverletzung der Kläger.

Die Entscheidungen ist noch nicht rechtskräftig, beim Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg in Mannheim kann Zulassung der Berufung beantragt werden.

Diese Website verwendet Cookies. Weitere Informationen erhalten Sie unter Datenschutz.