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Baubeginn für Lidl im Rieselfeld

Datum: 04.02.2006

Kurzbeschreibung: Pressemitteilung vom 19.10.2004

Das Verwaltungsgericht hat bereits am 8.10.2004 den Antrag eines Nachbarn abgelehnt, die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs gegen ein Bauvorhaben der Stadtbau GmbH - die Errichtung eines Wohn- und Geschäftshauses mit Supermarkt am Geschwister-Scholl-Platz - anzuordnen (Beschluss vom 8.10.2004 - 4 K 1722/04 -). Dies bedeutet, dass mit dem Bau begonnen werden darf. Das Gericht hat sich in seiner seit heute vorliegenden Begründung im Wesentlichen auf folgende Erwägungen gestützt:

Die Baugenehmigung verstößt voraussichtlich nicht gegen nachbarschützende Vorschriften. Dabei kann offen bleiben, ob die planungsrechtliche Zulässigkeit hier im Vorgriff auf die von der Antragsgegnerin bereits beschlossene Änderung des derzeit noch geltenden „1. Teilbebauungsplans Östliches Rieselfeld“ zu beurteilen ist oder nach den Festsetzungen des geltenden Plans. Wie der derzeit noch geltende Plan setzt der Bebauungsplan in der vorgesehenen 2. Änderungsfassung für das Baugrundstück Mischgebiet fest, während für das Grundstück, auf dem der Antragsteller wohnt, ein allgemeines Wohngebiet festgesetzt ist. Gemäß § 6 Abs. 1 der Baunutzungsverordnung (BauNVO) dienen Mischgebiete dem Wohnen und der Unterbringung von Gewerbebetrieben, die das Wohnen nicht wesentlich stören. Zulässig sind unter anderem Einzelhandelsbetriebe. Allerdings bestimmt § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BauNVO, dass großflächige Einzelhandelsbetriebe, die sich nach Art, Lage oder Umfang auf die Verwirklichung der Ziele der Raumordnung und Landesplanung oder auf die städtebauliche Entwicklung und Ordnung nicht nur unwesentlich auswirken können, außer in Kerngebieten nur in für sie festgesetzten Sondergebieten zulässig sind. Bis zu welcher Grenze noch angenommen werden kann, es handele sich nicht um einen großflächigen Betrieb, ist umstritten, wobei - soweit ersichtlich - in Rechtsprechung und Literatur Schwellenwerte von etwa 700 m² bis maximal 1000 m² genannt werden.

Danach könnte der von der Stadtbau GmbH geplante Einzelhandelsbetrieb die Schwelle zur Großflächigkeit überschreiten. Der geplante Einkaufsmarkt hat ausweislich der vorlegten Bauantragsunterlagen eine Verkaufsfläche von über 900 m². Selbst wenn man davon ausgeht, dass er großflächig und nach der Art der baulichen Nutzung im festgesetzten Mischgebiet nicht zulässig ist, würde dieser Verstoß gegen Bauplanungsrecht den Nachbarn aber nicht in geschützten Rechten verletzen. Als Miteigentümer einer in einem allgemeinen Wohngebiet gelegenen Wohnung kann er nämlich in Bezug auf das in dem benachbarten Mischgebiet geplante Vorhaben Nachbarschutz nur insoweit beanspruchen, als er selbst unzumutbar in schutzwürdigen Interessen beeinträchtigt wird. Er hat jedoch keinen allgemeinen Anspruch auf Wahrung des Gebietscharakters im angrenzenden Mischgebiet und Abwehr gebietsfremder Vorhaben. Die zu erwartenden Lärmimmissionen sind aller Voraussicht nach nicht unzumutbar für den Antragsteller. Dabei berücksichtigt die Kammer neben dem von der genehmigten Tiefgarage ausgehenden Verkehrslärm auch den voraussichtlich durch die Zu- und Abfahrt zu den geplanten 54 Stellplätzen sowie durch die Einkaufswagen, die zu den Kraftfahrzeugen hin und wieder zurück gefahren werden, verursachten Lärm, obwohl die Stellplätze nicht Gegenstand der Baugenehmigung sind. Die Kammer verkennt auch nicht, dass der Antragsteller aufgrund der Lage seiner Wohnung an der Willy-Brandt-Allee und gegenüber der vorgesehenen Tiefgarage sowie schräg gegenüber den geplanten Stellplätzen von dem zu erwartenden Verkehr besonders betroffen sein wird. Auf der anderen Seite ist zu bedenken, dass bereits nach dem geltenden Bebauungsplan die Errichtung eines Wohn- und Geschäftshauses mit Tiefgarage und bis zu 30 Stellplätzen zulässig war bzw. ist. Hinzu kommt, dass sowohl nach dieser ersten Änderungsfassung als auch nach der noch nicht in Kraft getretenen zweiten jedenfalls Einzel-handelsbetriebe mit einer Verkaufsfläche von bis zu etwa 700 m² im Mischgebiet nach der Art der baulichen Nutzung grundsätzlich selbst dann zulässig sind, wenn sie einen erheblichen überörtli-chen Verkehr anziehen würden. Im Vergleich zu der bereits danach zulässigen baulichen Nutzung dürfte die nunmehr geplante keine unzumutbare Verschlechterung der Situation für den Nachbarn bedeuten. Neben dieser für die gegenüber dem Baugrundstück gelegenen Grundstücke gegebenen planerischen Vorbelastung besteht darüber hinaus wegen ihrer Lage an der Willy-Brandt-Allee zudem eine tatsächliche Vorbelastung.

Den Belangen der Nachbarn wurde außerdem bereits durch mehrere Schallschutzauflagen in der Baugenehmigung Rechnung getragen. Die Öffnungszeiten des Lebensmittelsmarkts sind auf einen Zeitraum zwischen 7.00 Uhr und 20.00 Uhr zu beschränken. Außerdem dürfen Warenanlieferungen nur im Zeitraum von 7.00 Uhr bis 20.00 Uhr erfolgen. Nach dem von der Stadtbau GmbH im Baugenehmigungsverfahren vorgelegten Gutachten ist davon auszugehen, dass an dem Gebäude, in dem der Antragsteller wohnt, ein Beurteilungspegel von tagsüber 54 dB(A) und nachts jedenfalls unter 40 dB(A) eingehalten wird, also sogar die für ein allgemeines Wohngebiet in der Regel maßgeblichen Immissionsrichtwerte (vgl. TA-Lärm) nicht überschritten werden. Abgesehen davon ist zu berücksichtigen, dass der Nachbar wegen der Nachbarschaft zu einem Mischgebiet und der bestehenden Vorbelastung möglicherweise nicht die Einhaltung der in einem Wohngebiet maßgeblichen Lärmrichtwerte beanspruchen kann, sondern eine höhere Lärmbelastung hinnehmen muss.


Eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots folgt auch nicht aus dem vom Antragsteller geltend gemachten Umstand, dass öffentlich geförderte „Sozialwohnungen“ entstehen sollen. Es gibt keinen geschützten Anspruch auf eine Nachbarschaft mit bestimmten Einkommensverhältnissen.

Ergänzend weist die Kammer darauf hin, dass für den vom Antragsteller geäußerten Verdacht der Manipulation der Akten durch die Stadt Freiburg keine Anhaltspunkte bestehen. Soweit der An-tragsteller rügt, dass in einem Schreiben der Stadtbau GmbH vom 19.12.2003 Bezug genommen werde auf ein Schreiben der Stadt Freiburg vom 12.12.2003, sich letzteres aber nicht bei den Ak-ten befinde, verkennt er, dass es sich offensichtlich um ein Schreiben der „Geschäftsstelle Rieselfeld“ handelt, das sich möglicherweise in deren Akten befindet, und nicht in denen des Bauordnungsamts.

Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig. Der unterlegene Nachbar kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe der Entscheidung Beschwerde beim Verwaltungsgerichthof Baden-Württemberg mit Sitz in Mannheim erheben.

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