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Führerscheintourismus nach alkoholbedingtem Fahrerlaubnisentzug: Keine Anerkennung ausländischer Fahrerlaubnis

Datum: 20.06.2006

Kurzbeschreibung: Pressemitteilung vom 20.06.2006


Mit einem den Beteiligten vor kurzem zugestellten Beschluss (vom 01.06.2006 - 1 K 752/06) hat das Verwaltungsgericht einen Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz gegen einen Fahrerlaubnisentzug durch das Landratsamt Rottweil abgelehnt.

Das Landratsamt hatte dem deutschen Antragsteller seine in Polen erworbene Fahrerlaubnis mit sofortiger Wirkung entzogen und die Vorlage des Führerscheins zwecks Eintrag eines Vermerks über die Ungültigkeit im Inland angeordnet. Seine deutsche Fahrerlaubnis war ihm zuvor Anfang 2005 vom Amtsgericht Rottweil wegen Fahrens mit 2,32 Promille Blutalkoholgehalt entzogen worden. Nach Ablauf der verhängten Wiedererteilungssperre hatte er im Oktober 2005 in Polen eine Fahrerlaubnis erworben, ohne dort eine neue medizinische Eignungsüberprüfung zu absolvieren und ohne dort je seinen Wohnsitz zu haben. Ein daher wegen Zweifeln an der Fahreignung gefordertes Medizinisch-Psychologisches Eignungsgutachten hatte er dem Landratsamt nicht vorgelegt. Vielmehr hatte er sich auf den Standpunkt gestellt, Eignungszweifel dürfe das Landratsamt nicht geltend machen, denn nach der EU-Führerscheinrichtlinie sei seine polnische Fahrerlaubnis vorbehaltlos anzuerkennen.

Das Verwaltungsgericht entschied, nach der jüngsten Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs zur EU-Führerscheinrichtlinie gelte zwar der Grundsatz der wechselseitigen Anerkennung von Führerscheinen; Eignungszweifel dürften danach von deutschen Behörden nur aufgrund von Umständen geäußert werden, die nach der Erteilung der ausländischen Fahrerlaubnis entstanden seien. Diese Entscheidung zwinge aber die deutschen Verkehrsbehörden nicht dazu, auch in offenkundigen Missbrauchsfällen von alkoholgefährdeten Führerscheintouristen durch Anerkennung der ausländischen Fahrerlaubnis sehenden Auges schwere Gefahren für Leib und Leben der Verkehrsteilnehmer hinzunehmen. Bei Unkenntnis der ausländischen Verkehrsbehörde vom Alkoholproblem und vom früheren Fahrerlaubnisentzug enthalte die Fahrerlaubniserteilung gerade nicht die Aussage, der Inhaber sei „trotz des früheren Eignungsmangels jetzt wieder fahrtauglich“. Das Prinzip der wechselseitigen Anerkennung von Führerscheinen solle auch nur die Niederlassungsfreiheit erleichtern, nicht aber Fälle privilegieren, in denen eine Wohnsitznahme im anderen EU-Staat gar nie stattgefunden habe. Alkoholbedingte Fahruntauglichkeit wirke zudem typischerweise auch nach Ablauf einer Wiedererteilungssperre fort und begründe daher bei fehlender Therapie weiterhin Eignungszweifel.



Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig, beim Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg in Mannheim kann innerhalb von zwei Wochen Beschwerde eingelegt werden.

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